Samstag, 26. April 2014

Bahala na - die Philippinen nach dem Taifun Yolanda

Die Filipinos haben eine philosophische Phrase „bahala na“, die besagt, dass das Schicksal kommt wie es kommt und dass man zwischendurch weiterlebt, da alles von Gott gegeben ist. Zwar haben wir diese Worte noch keinen Filipino genau sagen hören, aber es beschreibt ihre optimistische Lebenseinstellung in allem etwas Gutes zu sehen. 

Genau diese inspirierende Art zu Leben wurde am 7ten November 2013 durch den Taifun Yolanda gewaltsam auf die Probe gestellt und trotzdem nur noch mehr verstärkt. Mit Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 315 km/h traf Yolanda zuerst auf die am östlichsten gelegene Insel Leyte, zog weiter über die zentrale Inselgruppe Visayas und hier direkt über Malapascua Island und Bantayan Island, bevor er nördlich von Palawan Richtung China abzog. Zurück ließ er ein Feld der Verwüstung: Fähren, die mitten in der Stadt stehen, obdachlose Familien und über 6000 Menschen, die ihr Leben verloren. 

Da die deutschen Medien uns glauben gelassen haben, dass die betroffenen Regionen sehr gefährlich seien für Touristen, haben wir unsere Route dementsprechend geplant. Die Philippinen sind ein sehr großes Land und es besteht gar kein Grund das ganze Land zu meiden, nur weil ein relativ kleiner Teil Schaden genommen hat. Besonders jetzt sind die Philippinen auf die Wirtschaft durch den Tourismus angewiesen, um auch die zerstörten Regionen wieder aufzubauen und jede dieser 7000 Inseln ist auf ihre Weise traumhaft und besonders! 

Nachdem wir nun also schon einen Monat in diesem Land unterwegs sind, die freundlichsten Menschen getroffen, die wunderschönsten Strände gesehen haben, gab es nie eine Situation in der wir uns unwohl oder nicht sicher gefühlt haben, naja... die Fährfahrt nach Bohol muss da wohl doch ausgeschlossen werden. Da wir von anderen Backpackern gehört haben, die auf den Inseln Bantayan und Malapascua waren, entschlossen wir uns relativ spontan doch hinzufahren und steuerten zuerst Bantayan Island an. 

Wir haben uns zwar schon darauf eingestellt, dass das ehemalige Inselparadies nicht mehr so viele Palmen besitzen wird wie auf den Google Bildern, waren dann aber doch recht geschockt als wir hungrig und erschöpft auf der Insel ankamen. Viele Hütten sind entweder ganz kaputt oder mindestens das Dach fehlt, so dass die Familien in weißen Zelten von den Hilfsorganisationen schlafen, von denen die ganze Insel gesäumt ist. Die Hotels und Restaurants, die häufig von Ausländern betrieben werden, sind alle sehr schnell wieder aufgebaut worden, so dass wir uns als Touristen sehr angenehm bewegen konnten und womöglich das Chaos hätten verdrängen könnten, wenn man auf dem Weg zum Essen nicht nach rechts und links gucken würde. Da wir aber gerade das sehr gerne tun, fühlten wir uns etwas nutzlos, nachdem wir einen Tag den weißen Strand, das türkis-blaue Meer und die knallheiße Sonne genossen haben. Deshalb haben wir uns umgehört und eine Hilfsorganisation gefunden, bei der wir willkommen waren ein paar Tage mit anzupacken. 

YPDR, Young Pioneer Disaster Response, ist erst mit dem Taifun entstanden und wird vor allem von jungen Leuten unterstützt. Als die Ersten nach dem Taifun auf die Insel kamen, wollten die Filipinos kein Essen, da sie mehr als sie jemals essen könnten von den großen NGOs bekommen und eigentlich selbst genügend Reisfelder haben. Was sie brauchten war ein Dach über dem Kopf und Arbeit für die Männer, da diese nichts mit sich anzufangen wussten. Seitdem hat YPDR über 600 Hütten gebaut, Schulen repariert und etlichen Filipinos einen Job gegeben, sie ausgebildet selbst Hütten bauen und reparieren zu können, damit diese auch die mit Sicherheit kommenden nächsten Taifune überstehen werden. 


Eines der neuen Häuser

 Auch wenn es nach viel klingen mag und es definitiv eine erstaunlich Leistung ist, gibt es immer noch sehr viel mehr zu tun und Familien ohne Haus. Die Nachbarschaft Baais in Sungko, in der YPDR mit seiner Arbeit angefangen hat, ist zu 95 % wieder aufgebaut mit fast 200 neuen Hütten. Daran kann man ausmachen, dass 600 Hütten bei einer so kinderreichen Bevölkerung noch nicht annähernd ausreichend sind. 

Nachdem wir den ersten Tag eine neu gebaute Hütte gestrichen haben, sind wir am zweiten Tag in genau diese Nachbarschaft gefahren, um von den neuen Hütten Koordinaten für eine Karte zu nehmen, damit YPDR seine Arbeit evaluieren kann. Diese stupide Arbeit in der prallen Mittagssonne, ohne Schatten, da fast keine Bäume mehr stehen, klingt womöglich nach der reinsten Qual, war aber ganz im Gegenteil ein wundervolles Erlebnis. 

Ganz vorne Ricky und Anne, gefolgt von der Kinderschar
Ricky, ein Einheimischer, der in dieser Nachbarschaft aufgewachsen ist, hat uns zu den Häusern geführt. Wir waren die ganze Zeit von einer Traube lachender Kinder umgeben, wurden freundlich von den Frauen empfangen, die vor ihren Hütten Krebse pulten oder in großen Bottichen Wäsche wuschen. Die Menschen mögen nicht viel Materielles besitzen, was sie aber haben, sind ihre großen Familien und die starke Gemeinschaft untereinander. Sie scheinen ihr Leben mit einer gewissen Einfachheit und Leichtigkeit zu leben und ihr Fröhlichkeit ist einfach ansteckend! 


Da wir nicht mit unser großen teuren Kamera das bescheidene eher arme Leben der Menschen fotografieren wollen, habe ich ab und zu ein Foto mit meinem Handy gemacht. Als wir uns mit dem anderen Team wieder getroffen haben, um jeder einen halben Liter Cola wegzukippen, weil dich nur Zucker in dieser Hitze überleben lässt, hat die Kinderschar meine Handykamera entdeckt und sie wussten gar nicht was cooler war: selbst Fotos zu schießen oder fotografiert zu werden und danach so nah wie möglich an ihre Gesichter heranzuzoomen. Es war sehr lustig und einige tolle Bilder sind entstanden. 


Als wir am Ende ziemlich geschafft darauf gewartet haben abgeholt zu werden, wurden wir sogar noch ganz selbstverständlich von Rickys Mutter und Schwester mit kaltem Wasser, Crackern und selbstgemachten Popcorn versorgt, obwohl sie selbst so wenig besitzen. Es war ein wirklich sehr schönes und interessantes Erlebnis. 

Die Menschen auf Bantayan sind sehr inspirierend und beeindruckend, wie sie mit ihrem Schicksal umgehen und ihr Leben leben wie es kommt. Immer mit einem Lachen im Gesicht scheint diese Leute nichts erschüttern zu können, solange sie sich gegenseitig haben. Bahala na! 

Alles in allem haben wir uns total in die Insel, die Menschen, die Atmosphäre auf Bantayan verliebt und können mit gutem Gewissen jedem raten auch diese Gebiete wieder zu besuchen, ob als Tourist, Backpacker oder Volunteer. Jeder ist hier willkommen und wird auf seine Weise gebraucht. 

Dieser Bericht beschränkt sich natürlich nur auf die Region Nord-Cebu mit den Inseln Bantayan und Malapascua. Über die Lage auf Leyte und Samar können wir nichts sagen. Aber wie gesagt, die Philippinen sind riesig und wunderschön und definitiv eine Reise wert!

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